Auch ich bin ein besorgter Bürger
Ja, auch ich habe Angst. Vor der Klimakatastrophe zum Beispiel.
Davor, dass wir Folgen und viele Ursachen kennen, aber zu bequem sind, unsere Gewohnheiten auch nur ein wenig zu ändern. Und davor, dass die Regierenden Profitinteressen gegen ökologische Vernunft abwägen und die Vernunft den Kürzeren zieht.
Angst habe ich vor dem Spiel mit dem Feuer, vor der Hysterie und einem Freund – Feind – Denken, -Reden und -Schreiben, dass Kriegen bisher immer voraus ging.
Vor der Waffenproduktion, dem Waffenexport, den Übungen und dem Einsatz der Waffen auch mit unseren Soldaten und von unserem Land aus. Auch hier sind es die Profitinteressen, die erst das Denken und dann das Handeln bestimmen und Widerspruch, gar Widerstand nicht aufkommen lassen.
Und ich habe Angst vor dem Egoismus, der sich breit macht, wenn das Prinzip „Einer trage des anderen Last“ durch „Jeder ist sich selbst der Nächste“ ersetzt, aus Egoismus Nationalismus und im Extremfall Rassismus wird.
Es sind die Profiteure der heutigen Wirtschaftsordnung, die die Einsicht fürchten, dass die Menschheit ein neues Entwicklungsstadium erreicht hat: Trotz gleichbleibender geografischer Entfernungen, klimatischer und kultureller Unterschiede rückt die Menschheit immer mehr zusammen. Kriege auch in fernen Ländern, Ausbeutung und Armut sind Ursachen, deren Wirkungen heute und künftig eine viel stärkere Rückwirkung haben.
Warum sollen in Afrika oder anderswo von Hungertod, Krieg oder Unterdrückung bedrohte Menschen sich ihrem Schicksal ergeben? Was würden wir an deren Stelle tun? Die Flucht aus der Heimat, Millionen die nach Norden ziehen, wo die großen und kleinen Profiteure wohnen und scheinbar Frieden und Wohlstand herrschen, ist natürlich keine Lösung.
Aber festgelegte „Obergrenzen“ werden die Flüchtenden auf Dauer ebenso wenig aufhalten wie Zäune, Stacheldraht, Polizisten und Armeen. Wollen wir wirklich unseren „Reichtum“ mit Panzern und Raketen vor den Bedürftigen verteidigen?
Und ich habe Angst, dass die gegenwärtigen Herrschaftsformen und ihre Ideologie auf der einen Seite Nationalismus und Rassismus statt Widerstand fördern und auf der anderen Seite den Terror statt den Kampf um politische Lösungen.
Den Terroropfern von Paris gilt unser Mitgefühl. Und es gilt denen von Beirut, den Insassen des russischen Flugzeugs, den Opfern aus dem Gewerkschaftshaus in Odessa und allen „kollateralen“ Opfern amerikanischer Drohneneinsätze. Verhindern wir, dass die Politiker, die die letzten Kriege anzettelten, uns wegen des Terrors von der Notwendigkeit neuer Kriege überzeugen können.
Meiner Angst steht jedoch die Hoffnung entgegen, dass wir, das Volk, zu fragen beginnen: Wer sind die Verursacher und wer sind die Nutznießer der heutigen Zustände auf unserem Globus. Und ich hoffe, dass sich die Einsicht durchsetzt, dass nur eine gerechte und solidarische Welt eine Chance hat.
Wie wir dazu kommen, die komplizierten Fragen der Zeit zu lösen und die Welt zu verändern, darüber sollten wir reden und streiten.
Rainer Böhme Sebnitz, 15.11.15
Kategorien: DIE LINKE. Region Sebnitz
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